Pferdezähne

IMG_3121Im Gegensatz zur landläufigen Meinung wachsen Pferdezähne nicht nach. Richtig ist, dass sie beim Fressen abgerieben werden. Um den Abrieb auszugleichen, werden sie langsam aus dem Zahnfach heraus geschoben – und werden dabei immer kürzer. Deshalb ist es wichtig, bei der Zahnbehandlung darauf zu achten, zwar so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich wegzunehmen. Aber warum ist eine Zahnbehandlung überhaupt nötig und was machen die Pferde in der freien Wildbahn ohne „Zahnarzt“?

 

Die jährliche Zahnbehandlung dient zum einen der Kontrolle, ob alles in Ordnung ist. Leider lassen es sich viele Pferde nicht anmerken, wenn sie zum Beispiel einen kranken Zahn oder Parodontose haben. Erst im fortgeschrittenen Stadium, wenn es zu einer Entzündung des Knochens oder Vereiterung der Nasennebenhöhlen kommt, wird das Problem offensichtlich. Zu den häufigsten Problemen zählen scharfe Kanten und Haken. Diese hindern die Pferde anfangs oft nicht daran, weiterhin zu fressen. Denn was ist schlimmer als Schmerzen? Schmerzen und Hunger.

Zum anderen werden nach der Kontrolle Abweichungen vom Idealgebiss, so weit es möglich und sinnvoll ist, behoben. Interessanterweise kommen einige dieser Abweichungen bei Pferden, die wild leben, weniger vor. Das gilt vor allem für die Parodontose. Auffällig ist auch, dass Rassen, wie beispielsweise Isländer, die noch eine etwas ursprünglichere Kopfform haben, weniger zu einem Wellen- oder Stufengebiss und Verletzungen durch scharfe Kanten neigen.

IMG_0601Im Bild rechts sieht man ein sehr unregelmäßiges Gebiss mit unterschiedlich hohen und versetzt stehenden Zähnen, scharfen Kanten und ganz hintem im Unterkiefer einen Haken, der sich bei jedem Biss in den Oberkiefer bohrt.

Das Pferd kam wurde auffällig wegen Kolik. Mit diesen Zähnen kann das Futter nicht mehr gut zerkleinert werden und so kommt es zu nicht nur zu Schmerzen beim Kauen, sondern auch noch zu Verdauungsproblemen.

 

Ein weiterer Aspekt, der nur unsere Hauspferde betrifft, ist das Reiten. Schaut man sich das Bild links an, kann man verstehen, warum manche Pferde unwillig auf das Reithalfter reagieren. In solchen Fällen kann eine gute Zahnbehandlung (bei der die Schärfen abgeschliffen werden) manchmal Wunder bewirken, was die Rittigkeit betrifft.

 

 

Die scharfen Kanten können auch extrem werden, so dass in der Backenschleimhaut. Bemerkenswert im Bild rechts ist auch die extrem Rampe des ersten Backenzahnes im Unterkiefer.

 

 

 

Gerade bei jungen Pferden kann es sein, dass der 8er im Unterkiefer (der 3. Backenzahn von vorne) innen besonders scharfkantig ist und so die Zunge verletzt. Die Aussage, dass junge Pferde keine Zahnbehandlung nötig haben, ist also nicht richtig. Ganz im Gegenteil: Bringt man frühzeitig das Gebiss auf den richtigen Weg, muss man später oft nur noch ein wenig nachkorrigieren.

 

Endet der erste Backenzahn im Oberkiefer etwas weiter vorne als der erste im Unterkiefer, bleibt ein Haken am Oberkieferbackenzahn stehen.

Beim Fressen stört dieser nicht unbedingt, zumindest so lange er nicht allzu groß wird. Beim Reiten allerdings wird durch das Trensengebiss die Schleimhaut gegen diesen oft spitzen Haken gezogen, was für das Pferd sehr unangenehm ist und auch zu Verletzungen der Schleimhaut führen kann. Auf jeden Fall keine sehr große Motivation für das Pferd fein an den Hilfen zu stehen.

Genauso störend können Wolfszähne sein. Das sind sehr kleine, aber oft spitze Zähnchen, die vor dem erstem Backenzahn liegen und somit genau dort, wo das Trensengebiss hinkommt. Nicht jedes Pferd hat Wolfszähne, aber jedes Pferd sollte bevor es das erste Mal ein Trensengebiss eingelegt bekommt kontrolliert werde, ob es welche hat, damit sie gegebenenfalls gezogen werden können.

Abgesehen von diesen sehr häufig vorkommenden Problemen, gibt es noch viele andere Dinge, die im Pferdemaul schief laufen können. Im wahrsten Sinne des Wortes kann es zum Beispiel zu einem Scherengebiss kommen, bei dem die Kauflächen, die normalerweise nur eine leicht Schräge aufweisen, so steil werden, dass es dem Pferd unmöglich wird, seinen Unterkiefer zur Seite zu führen, was die Voraussetzung für den normalen  Kauablauf des Pferdes ist.

Infizierte Zähne, Karies und Parodontose sind alles Krankheiten, die es nicht nur beim Menschen gibt, sondern auch bei den Pferden. Anmerkungen zu diesen Themen finden Sie unter „Zahnerkrankungen“ auf meiner Homepage.

Aber nicht nur die Backenzähne, auch die Schneidezähne können Probleme verursachen. Ist die gefühlte Normalposition der Unterkiefers nicht mittig, sondern leicht versetzt, entsteht eine Diagonale. Der Ursprung dieser Situation ist nicht immer nachzuvollziehen, kann aber zusammen mit einer Schiefe in der Hüfte einhergehen. Eine andere Ursache für eine Diagonale ist einseitiges Kauen. Benützt ein Pferd über einen langen Zeitraum nur noch oder hauptsächlich eine Seite der Backenzähne zum Fressen, sieht man das nach einer Weile auch an den Schneidezähnen.

 

 

 

Ein Überbiss blockiert die Vorwärts- Rückwärtsver-schieblichkeit von Ober- und Unterkiefer gegeneinander. Durch das Beschleifen der Zahnüberstände, die nicht beim Fressen abgerieben werden, kann man hier gut Abhilfe schaffen.

Rechts im Bild vorher, unten nachher.

Fortsetzung folgt.